- Musikfilm
MACKIE MESSER - BRECHTS DREIGROSCHENFILM
Nach dem überragenden Welterfolg von »Die Dreigroschenoper« will das Kino den gefeierten Autor des Stücks für sich gewinnen. Doch Bertolt Brecht ist nicht bereit, nach den Regeln der Filmindustrie zu spielen. Seine Vorstellung vom »Dreigroschenfilm« ist radikal, kompromisslos, politisch, pointiert. Er will eine völlig neue Art von Film machen und weiß, dass die Produktionsfirma sich niemals darauf einlassen wird. Ihr geht es nur um den Erfolg an der Kasse. Während vor den Augen des Autors in seiner Filmversion der Dreigroschenoper der Kampf des Londoner Gangsters Macheath mit dem Kopf der Bettelmafia, Peachum, Form anzunehmen beginnt, sucht Brecht die öffentliche Auseinandersetzung. Er bringt die Produktionsfirma vor Gericht, um zu beweisen, dass die Geldinteressen sich gegen sein Recht als Autor durchsetzen… Ein Dichter inszeniert die Wirklichkeit – das hat es noch nie gegeben! Die Dreigroschenoper ist ein Versuch, der völligen Verblödung der Oper entgegenzuwirken. –
Bertolt Brecht HINTERGRUND »Die Dreigroschenoper« ist der größte Bühnenerfolg der Zeitgeschichte, ein deutsches Kulturgut und ein »Exportschlager«. Das Stück zählt zu den bekanntesten überhaupt, Zitate daraus sind zu festen Begriffen geworden, die Songs zu Welthits. Die Popularität ist bis heute ungebrochen. Das liegt einerseits an der Attraktivität der Musik, die eine Art Sound der 1920er Jahre darstellt, andererseits an der Aktualität des Stücks. Trotzdem gibt es nur wenige Verfilmungen des Stoffs, die jüngste deutschsprachige ist mehr als 50 Jahre alt und hält sich wie die anderen sehr eng an das für die Bühne geschaffene Stück. Dabei wurde bisher immer völlig übersehen, dass es ein Exposé zur Verfilmung des Welterfolgs gibt, und zwar von keinem Geringeren als dem Autor selbst: Bertolt Brecht. Die Uraufführung der »Dreigroschenoper« am 31. August 1928 wurde ein Sensationserfolg, das Stück bediente den Tanz auf dem Vulkan am Ende der Weimarer Republik und bot als Anti-Oper mit völlig neuer Form und neuem Inhalt ein überraschendes Potenzial aus Kunst, Unterhaltung und Gesellschaftskritik. Legendär ist nicht nur das Stück, sondern auch das Chaos im Vorfeld. Die Ausfälle von Hauptdarstellern, die vielen Kräche und die total verpatzte Generalprobe schienen auf den erwarteten Skandal hinzudeuten. Die Premiere begann äußerst nervös, Brecht hatte seinen Schauspielern Trillerpfeifen gegeben, um auf Buhrufe reagieren zu können, doch beim Kanonensong begann der Jubel des Publikums, der bis zum Schluss anhielt. Der Sensationserfolg und die Schallplattenaufnahmen mit den Songs, die sofort nach der Uraufführung erschienen, sorgten für ein Dreigroschenfieber in Berlin: Dreigroschenkneipen eröffneten, die Frauen verkleideten sich als Prostituierte, die Männer als Zuhälter und Ganoven. Die Dreigroschenoper lief in Berlin monatelang vor ausverkauftem Haus und schon bald in den anderen Großstädten Europas und der Welt. Kein Stück erreichte ein größeres Publikum. Kein anderes hat das Verbot und die Katastrophe des Nationalsozialismus so überdauert, dass es nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sofort wieder auf den Bühnen zu sehen war. Im zerstörten Berlin begann im Hebbel-Theater mit der Inszenierung des Stücks eine neue Zeitrechnung. Brecht nahm den Erfolg der Dreigroschenoper zwiespältig auf und fasste den Plan, durch eine Verfilmung des Stoffs die Gesellschaftskritik konsequenter als im Stück zu betonen. Er wollte das neue Medium nicht allein der Unterhaltungsindustrie überlassen und die neuen ästhetischen Gestaltungsmittel auf den Film übertragen, mit der Haltung, »dass es Unfug wäre, Elemente eines Theaterstücks wenig verändert zu verfilmen«. __ An dieser Verfremdungs-Wundertüte hätte Brecht wohl sein Vergnügen gehabt. Ein mutiger großer Wurf, der dem deutschen Kino guttut! – Programmkino.de