- Dokumentation
DIE BAULICHE MASSNAHME
Seit der entflammten Diskussion um verschärfte Grenzsicherungen in Europa ist auch der Brenner ins Zentrum politischer Aufmerksamkeit gerückt. Nikolaus Geyrhalter beschäftigt sich in diesem Film mit der Grenzregion Brenner und ihren Bewohner_innen, während ein politischer Entschluss gefasst wird, der auf Befürchtungen und Angst basiert und nicht nur auf die Region, sondern auf ganz Europa Auswirkungen haben wird. Was bedeutet eine solche Maßnahme für die Bewohner_innen? Wie schreibt sich diese Veränderung in den Ort und die Lebensgeschichten ein? Wie verändert der Ruf nach Grenzen das Denken der Menschen? Ganz im Gegensatz zur offiziellen Politik, die von Ängsten und Ressentiments getrieben scheint, äußern sich die Protagonist_innen des Films großteils so nachdenklich wie differenziert und mit einem sehr präzisen Blick auf die Besonderheit der Brennergrenze; eigenwillige und mündige Bürger_innen, die oberflächlichen Parolen nicht auf den Leim gehen.
AUS EINEM INTERVIEW MIT DEM REGISSEUR Ist DIE BAULICHE MASSNAHME in erster Linie ein Essay über das Konzept Grenze und das Leben an der, mit der Grenze und ohne die Grenze? Die Ausgangssituation für den Film war die, dass an der Brennergrenze ein Zaun aufgezogen werden sollte, um ankommende Flüchtlingsströme aufzuhalten. Für mich war es unvorstellbar, dass innerhalb Europas, wo während eines hart erkämpften Friedensprozesses nach und nach Grenzen abgebaut wurden, plötzlich wieder Zäune aufgestellt werden sollten. Da verspürte ich die Notwendigkeit, filmisch zu intervenieren. Ursprünglich ging ich vom tatsächlichen Bau des Zaunes aus, und ich wollte die Entstehung dieser Barriere in all ihren Etappen dokumentarisch beobachtend festhalten. Schlussendlich wurde der groß angekündigte Zaun nie gebaut. Das war prinzipiell gut, hat den geplanten Film aber natürlich verändert. Allein die Idee, dass am Brenner ein Grenzzaun gebaut werden könnte, hat in den Menschen viel ausgelöst. Das war Anlass, Ängste, Protest und Zorn zu formulieren. Der nie gebaute Zaun war ein Reizthema auf allen Seiten und Gelegenheit, über eine offene, geschlossene oder halboffene Grenze zu reflektieren.